Heinrich Christian Boie
Den 15ten Febr. 1776.
Eben jetzt mein lieber bester Freund, erfahre ich von verschiedenen hiesigen Freunden, daß Sie Stabsekretär in Hannover werden. Es thut mir wehe, daß meine Privat- oder Publick-Geschäfte vielmehr mir so den Kopf eingenommen, daß ich mich bey Ihnen deßfalls nicht näher erkundigen konnte. Von ganzem Herzen umarm’ ich Sie, wünsche Ihnen Glück, wünsche Ihnen zur Vollendung Ihres Glücks eine Gattin die Ihr ganzes Herz auf ewig in Besitz nimmt und es so in Enkeln bis auf folgende Jahrhunderte hinausdehnt. Mir wird dies Glück sobald nicht werden, denn zu jedem öffentlichen Amt bin ich durch meine Schwärmereyen verdorben.
Lassen Sie sich dies Wort nicht schröcken. Ich kenne Herr Wielands Unterscheid vielleicht besser als er,
will aber
lieber Schwärmer für die Tugend als Enthusiast für das Schöne seyn, solang das Schöne sich mit der Tugend nicht vertragen kann. Sind die ersten Chymischen Operationen erst vorbey, so wollen wir auch schon sublimiren und ich hoffe mit ein wenig besserem Glück – aber das unter uns, es giebt Leute, wie Werther sagt, die das übel nehmen würden.
Zu Ihrem Museum werde Ihnen mit Beyträgen die Ihnen lieb seyn werden nicht entstehen. Ich bin sehr begierig aufs erste Stück. Sorgen Sie nicht, Sie sollen meine Freunde hier, die sich durch Sie produziren, nicht mit Geld bezahlen.
Lassen Sie, ich bitte Sie, wo möglich die Wolken nicht drucken, wenigstens verändern Sie die deutschen Namen
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dagegen soll und muß (vergeben Sie dem Patrioten, Ihrem Freunde, den Ton) die Vertheidigung Wiel. gedruckt werden, die seinen Hauptgesinnungen mehr schaden wird als alle Anschuldigungen. Ich kenne mein Publikum – – und jetzt ist es Zeit. Wenn das Eisen ausgeglüht hat, fällt der Hammer zu spät.
Lassen Sie sich durch keinen menschlichen Rath davon abbringen, suchen Sie aber den Druck der Wolken zu hintertreiben (sollt’ es auch auf meine Kosten geschehen) wenn Sie mich und mein Wohlseyn lieb haben. Kann es aber nicht mehr seyn, so ists Schicksal und ich ergebe mich darinn. Nur die deutschen Namen, die Namen! und daß die Vertheidigung nicht angedruckt wird.
Gotter läßt ein Schauspiel von mir drucken: Die Algierer, eine Nachahmung der
Captivei
im Plautus. Lavater hat ein Gedicht von anderthalb Bogen von mir herausgegeben: Petrarch
aus seinen Liedern gezogen
. eine kleine Ergiessung des Herzens die Ihnen Freude machen wird. Beyde werden wohl in Leipzig zu haben seyn.
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Machen Sie mir doch die Freude und schicken mir einige Anzeigen von Ihrer Monaths
Wochenschrift nach der mich hier so manche Leute gefragt haben an denen Ihnen gelegen ist. Ihre Litterarischen Neuigkeiten sind mir und meinen Freunden sehr willkommen.
Unsere deutsche Gesellschaft breitet ihren Wipfel immer weiter aus, so daß ich unter ihrem
Wipfel vo
Schatten von der Hitze des Tages offt herrlich abgekühlt werde. Einige Mitglieder derselben, unter andern eine sehr liebenswürdige Magistratsperson (Herr v. Türkheim) arbeiten an der Wochenschrift der Bürgerfreund
– der ich an manchen Orten Deutschlands Nachahmer wünschte. Besonders in Ansehung des Lokalen. In der Schweitz kommen auch noch flüchtige Aufsätze von mir heraus, in denen ein Familiengemählde: Die beyden Alten, ein Drama Ihre Augen füllen wird. Das Kostnitzergenie kenne ich nicht, in Colmar kenne ich einen jungen Franzosen, von dem ich etwas in Lausanne werde drucken lassen, das Ihnen die Beschaffenheit des Bodens im Elsaß zur Hervorbringung poetischer Köpfe näher bezeichnen wird. – Wissen Sie daß Stella
von Goethen in Berlin gedruckt wird und er in Gotha
Weymar bleibt? – Vielleicht komm’ ich auch bald in Ihre Gegenden. Lieben Sie immer
Ihren Freund Lenz.
Herrn Zimmermann wenn Sie ihn sehen, meine ganze Hochachtung. Ich wünschte mehr Zeit zu haben, ihn in seinem Sohn zu geniessen.
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Herrn
Herrn
Boje
Gelehrten
in
Göttingen