Emmendingen, Juli 1778
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Jakob Michael Reinhold Lenz
Jakob Sarasin (Basel)
LKB
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Lieber Herr Sarasi, ich habe ein grosses Anliegen ich weiß, daß Sie meine Bitte erhören werden. Es betrift meinen Bruder Conrad, der für mich auf der Wanderschaft in der Fremde ist: daß Sie ihm dazu verhelfen, daß er für Sie arbeiten kann. Er war schon fort als ich Ihr werthes Schreiben erhielt und seine Abreise war so plötzlich und unvermuthet, daß ich ihm kein Briefgen an Sie mitgeben konnte. Seitdem hab ich immer auf Nachricht von ihm gewartet, bis er endlich schrieb, daß er in Basel keine Arbeit bekommen sondern in Arlesheim, einem katholischen Ort anderthalb Stunden von Basel. Nun hab ich kein Anliegen auf der Welt das mich mehr bekümmert, als wenn ich nur so glücklich seyn könnte zu hören, daß er bey Ihrem Schuhmacher wäre und Ihnen arbeiten thäte, das würde mich in kurzer Zeit gesund machen. Erzeigen Sie mir diese Freundschaft und Güte, die Freude und der Trost den ich davon haben werde wird unaussprechlich seyn, denn das Wasser allein hilft mir nicht, wenn meine Freunde nicht mit wollen dazu beytragen. Ich kann Ihnen das nicht so beschreiben
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warum ich so ernstlich darum bitte, er ist auf Mannsschuhe besprochen und ich hoffe, wenn er nur erst Ihre Gedanken weiß, wie Sies gern tragen, Sie werden gewiß mit seiner Arbeit zufrieden seyn, wenn auch das erste Paar nicht gleich gerathen sollte. Herr Süß hat mir versprochen, so bald Sie ihn unterbringen, soll er seinem Meister in Arlesheim aufkündigen und ich bin versichert er wird es aus Liebe für mich thun und aus Liebe zu sich selber, welches einerley ist, denn ich werde keine ruhige Stunde haben, wenn er an
dem Katholischen Ort bleibt
und wenn er jetzt schon weiter wandern sollte in
der grossen Hitze
das würde mir auch keine Ruhe lassen.
Es freut mich recht sehr, daß Sie wieder einen Hofmeister haben und Ihre Frau Gemalinn sich geseegnetes Leibes befindet, Gott wolle ihr eine glückliche Entbindung schenken, daß Ihre Freude vollkommen werde und Sie auf dieser Welt nichts mehr zu wünschen haben mögen. Dann werde ich auch gesund werden und wenn der Conrad für Sie arbeitet.
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Weiter weiß ich nichts zu schreiben, als ich gehe alle Morgen mit meinem
lieben Herrn Süß
spatzieren und bekomme auch alle Tage den Herrn Hofrath zu sehen. Nun fehlt mir nichts als daß alles so bleibt und Gott meine Wünsche erhört und Sie meine Bitte erfüllen, daß der arme Conrad wieder zu seinen Glaubensgenossen kommt. Und ich verharre unaufhörlich und zu allen Zeiten
Ihr

bereitwilligster Diener und gehorsamster Freund
J. M. R. Lenz.


Ich trage Ihren Brief immer bey mir und überlese ihn offt er hat mir eine grosse Freude gemacht und daß Sie sich auch meines Conrads so annehmen.

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An Herrn
Herrn
Jakob
Sarasi.

Gerichtsherrn in Basel.
Provenienz
Basel, Staatsarchiv, PA 212 F 11, 27, 10, Nr. 16.