Wie entzückt bin ich über die Familienportraite, die Sie mir aufgestellt haben. Noch oft spaziere ich in Gedanken in dieser Gallerie herum, und freue mich über die mannigfaltigen, und doch einartigen Abdrücke des treflichsten Vaters, (den ich zwar nur von der Seite seiner Erholungen und Vergnügungen, ich meyne die Briefe über das Mönchswesen, kenne, dessen ganzen Werth ich aber, nach Maaßgabe dieser, mit einem angenehmen Schaudern ahne,) und der fühlbarsten, weisesten und aller Verehrung würdigsten Mutter.
Könnte ich Ihnen doch alles sagen, was mir auf dem Herzen liegt. So viel müssen Sie wissen, daß Ihre Nachrichten mir in einem Augenblicke kamen, wo sie mich fast zu Boden schlugen. Ich wußte nie, daß Sie einen Sohn hatten, geschweige einen würdigen Sohn, der bey Wieland im Hause gewesen, und also auch ihm manches zu danken hat.
Mein Wiederwillen gegen W., schrieb sich bloß aus einigen seiner Schriften her; seine Privatverhältnisse habe ich nie gewußt, mich freilich mit großen Unrecht zu wenig darum bekümmert. Erst jezt geht mir über viele Stellen in Ihrer unsterblichen Sternheim ein Licht auf, das mich in einen wunderbaren Zustand versetzt, den ich Ihnen lieber, vielleicht sehr dunkel und unvollkommen, zu ahnen überlassen, als beschreiben will. Auch wären vielleicht noch viel fatalere Sachen erfolgt, wenn ich nicht, (ich denke, aus Fügung der Providenz,) noch im kritischen Augenblicke, diese Winke erhalten, die mir nun, von Ihnen, um so viel heiliger sind. Nehmen Sie mehr als wörtlichen Dank, würdige Frau!
Ich hoffe, daß auch ich Wieland kennen lernen, und mit ihm, zwar zu seinem Vorteil, werde ausgesöhnt werden. Indessen hat doch alles das zu manchem gut seyn müssen.
Gegenwärtig gehe ich mit einer kleinen Reise nach Deutschland um, die die nach Italien wohl noch vorher kreuzen, vielleicht ganz auf eine andre Zeit aussetzen könnte. Ich bin nicht so ganz Dichter allein, als Sie wohl glauben werden, und fühle es wenigstens sehr lebhaft, daß zum gut und artig seyn, auch nothwendig das
seyn
 gehöre.