Straßburg, Anfang März 1776
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Johann Gottfried von Herder (Bückeburg)
LKB
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Es freut mich daß gegenwärtiger Brief den mir Lavater offen für Dich zugeschickt hat, mir Gelegenheit giebt bester Herder! Dir in die Arme zu fallen. Zwar ein wenig zerrissner noch als er zu seyn behauptet, aber doch – meines Zwecks gewiß.
Ich danke Dir daß Du die Soldaten zum Druck befördert hast, ich habe nun alle dem Uebel das daraus hätte entstehen können, vorgebeugt – ich
danke Dir
– und für den Weg den Du sie hast nehmen lassen. Reich wird sie hoffentlich vor Michaelis nicht bekannt machen und alsdenn wird das mit Fingern deutende Publikum auf nichts mehr zu deuten haben. Auch – wenn Gott mein Gebeth aus der Tieffe erhört, von mir eins und anderes geschehen seyn, das denen die ich geissele, weist wo
es
ich
mit ihnen hinaus will. Ich habe eine Schrift über die
Soldatenehen
unter Händen, die ich einem Fürsten vorlesen möchte, und nach deren Vollendung und Durchtreibung ich – wahrscheinlichst wohl sterben werde. Gott laß mich mit Freudigkeit – Dein Wille –
Grüsse und umarme Dein Weib. Geseegnete unter den Weibern. Lange mit Dir geseegnet.
Ich hoffe euch zu sehen, eh ich gehe. Lebt wohl!
Lenz
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am linken Rand, vertikal
left
Weise niemand diesen Brief. Er ist für kein Auge das nicht durchdringt. Selbst für Deines
müssen
itzt noch Dunkelheiten bleiben.
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am oberen Rand, spiegelverkehrt
top
Wegen der Soldaten sey ruhig! Ists wahr daß Du nach Weymar kommst so werde ich wieder einmal eine Freude haben. Eine.


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Herrn
Herrn Herder
Oberkonsistoralrath
in Bückeburg
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am linken Rand, vertikal
left
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am oberen Rand, spiegelverkehrt
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Provenienz
Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, GSA 44/69, Bl. 12–13.