Zürich, 22. März 1776
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Johann Caspar Lavater
Jakob Michael Reinhold Lenz (Straßburg)
LKB
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Lieber Lentz,


alle Deine Briefe hab ich, verstehe sie und spotte Deiner nicht. – Ich habe
ein
Bild von der Waldnern, nicht
zwey
erhalten. Das von Baly – leicht u: schlecht gemahlt – übrigens noch
so,
daß ich all Dein Zittern u: Sehnen verstehe u: natürlich finde. Es ist unmöglich, daß ich Dir izt was drüber sage. Es ist Samstag, u: ich kann nicht aufsehn. Das Engelsbild kam erst vorgestern. Hätt’ aber lieber eine bloße Silhouette gehabt. Das muß ein ganz ander Gesicht seyn, in der Wahrheit. Das Bild ist, wie sehr mans kenntlich nennen mag, abscheulich verschwemmt; der große göttliche Umriß so zaghaft unbestimmt herabgepinselt, daß ich über den Mahler recht unwillig wurde – unmöglich ists, Lieber, daß ich Dir das Bild mit der ersten
fah
Landkutsche zurücksende. Ich habe nur Eines. Dieß laß ich sogleich, so gut, als möglich kopiren. Ich erhielts erst Mittwoch Abends, Donnerstag ließ ichs anfangen. Soll ichs
Dir
senden das Original, als
Dein
oder
mein
Eigentum. Hats die W.
mir
oder
Dir
geschenkt? Thut nichts, es ist immer
Dein.
Nur daß ich, des Dankens wegen es wiße. Hierauf deutl. bestimmte Antwort.
Vorläufig werd’ ich ihr schreiben. – Ihr Brief ist
entsetzl. kalt.
recht so im Fürstenstyl – das thut aber nichts. Ihr Gesicht ist tausendmal beßer, als ihr Brief. Die Nase allein ist mehr werth, als tausend andre Gesichter, obwohl auch diese verzeichnet ist.
Kayser wünscht zu wissen, wo Du bist. Ich bin ruhig. Er nicht so.
Kaufmann
wird ein herrlicher Mensch
werden.

Alles was ich izt schreiben kann.
Lebe
u:
Liebe.
Amen! D 22 Mz 76. L.

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rn
Lenz
in
Straßburg.
Provenienz
Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Riga, Ms 1113, F. 25, V. 32, Nr. 28. Textverlust durch Abschnitt.