Weimar, April 1776
Entwurf
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Friedrich Leopold Graf Stolberg (Kopenhagen)
LKB
Ich freue mich bester Graf daß ich Ihnen aus We. schreiben kann
Da unsere Generation dem grossen Zeitpunkt näher rückt da Schwachheit selbst unverzeybares Verbrechen wird, so hoffe ich seine komischen Gedichte werden immer mehr zu lachen machen und immer weniger schaden Meine Grimassen gegen ihn verlang ich nicht zu entschuldigen Wenn ich Vater wäre und einen Sohn hätte der an der Schwelle der Pubertät stünde würde ich in seinen Morgenseegen eine Bitte um Reinheit und Festigkeit der Imagination setzen um ein mit Verstand und Entschluß bewafnetes Auge und ein mit zuversichtlichen Hofnungen gesichertes Herz, sich nicht nur an Statuen und Gemählden die einen momentanen Eindruck machen, sondern auch an Produkten des Geistes dieser Art üben zu dürfen Und ich hoffe ich brächte es dahin es durch sein Exempel zu bewähren daß die höhere Physiologie die die Nothwendigkeit der Stillung eines Triebes der wie alle menschlichen Triebe willkührlich ist, lächerlich macht allgemein zu machen wäre.
Provenienz
Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 20. Es handelt sich um den zweiten von drei Entwürfen eines öffentlichen Briefs.