Zürich, 27. April 1776
Der Brieftext wurde sekundär überliefert.
Johann Caspar Lavater
Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe und Jakob Michael Reinhold Lenz (Weimar)
LKB
Den 27. Apr. 76.

Promemoria

an
Wieland, Goethe, Lenz.


Ich kehre mein Viertelstündchen, u: bis es herunter gesandet
hat, schreib ich Euch, lieben Drey, was mir einfällt.

Wieland.

Den hertzigen Brief vom 15. Apr. empfangen! Dank!
Freude – über die Wiedergenesung der Kranken!
Werthes
sagte mir, was Du in solchen Fällen leidest.
Ich bin Erstaunen gesund; aber mein stilles Weibchen hat viele, viele Leibesbeschwerden.

Goethe.

Komm ich dann auch zu keiner Stunde, wo ich Dir wieder einmal mein gedrücktes Herz leeren kann! o
Goethe – nur noch ein paar Stunden neben Dir aufm Obern Lindengraben – oder aufm Bett im Saale!

Lenz.

Du hast nun die Briefe vom
nochlebenden Lindau?

Sey ruhig des Bildes wegen.
Werthes
ist nicht mehr in Lausanne.

Wieland.

Aus Mißverstand ist
Pirkheimer
auf ein klein Täfelgen radirt worden. Ich behalte das vor mich, und laß einen andern machen.

Goethe.

In
Baden
und
Weiningen
hab ich wieder einmal satt von Dir gesprochen.
Goethe
und
Lavater
sind der
Text
des leztern
Thema Publikums
für die
liebe Studiosi.


Wieland.

Ich bin, Gott weiß, äußerlich der glücklichste Mensch. Was meine Seele inwendig zerreißt – weiß nur
Gott.


Lenz.

Ich habe noch nichts von Deinen neuern Dingen gesehen. Ach! mein Lieber! wärst Du bey mir!

Goethe.

In 8. Tagen hoff’ ich
Schloßern
zusehen; verspreche mir viel von ihm.

Goethe – Wieland u. Lenz.

Wollt’ Euch gern meinen
Abraham
senden, wenns nicht mehr kostete, als im Buchladen. Verzeiht.
Adieu – Ihr guten Lieben!
Laßt uns würken, weils Tag ist! Es kommt die Nacht, da niemand würken kann. Amen.
Den 27. Apr. 76. J. C.
Lavat.


Der Wielandin Kuß für mein Weibchen hab ich noch in
Petto
– wollen erst eine Menge andre einziehen. Hab aber schon ein Lächeln zum voraus durch die Ankündigung erholt.

Wieland.

Kayser
wünscht seine Poesieen in Merkur gedruckt.

Urtheile.

Briefwechsel dreyer akademischer Freunde. (Ulm bey Wohler) – – – fließend; doch etwas matt fließend; Bisweilen süßlicht, und etwas fade. Übrigens voll Gutherzigkeit und für Studenten eine treffliche Lektüre. Sehr selten Geniespuren, desto mehr nüzliche Erinnerungen. Über die vielen Urtheile über lebende Personen – urhteilen wir nicht, nur kann hierüber allen Jünglingen in öffentlichen Schriften die überlegteste Behutsamkeit – nicht genug angerathen werden.




Ephemeriden der Menschheit
oder Bibl. der
Sittenlehre und Politik.
Erstes Stück 76. Basel. Wirthschaft, Sitten, Freyheit – der Gegenstand dieser Monatschrift. – Dieß Stück enthält viel Merkwürdiges. Das Beste – der Brief von
Schloßer
an
lselin
über die
Philanthropinen.




Auf den
Mist
mit, wenn’s nicht gefällt.
Provenienz
Zürich, Zentralbibliothek, FA Lav. Ms. 586, Nr. 94, Zg. Abschrift.