Berka, Anfang September 1776
Entwurf
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Charlotte von Stein (Kochberg)
LKB
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Vous parlez de m’arracher de ma solitude – et m’ alleguez pour cela d’aussi eloquentes raisons. Pensiez Vous bien Madame! lorsque Vous ecrites ces lignes, quels effets elles alloient faire sur moi. Sur moi qui ne savoit d’autres soulagemens a tous les maux qui m’oppriment que de pouvoir les cacher a l’univers. Pourquoi me contraindre de voir la lumiere afin d’y jouer un personnage odieux, même a l’ egard des personnes auxquels mon coeur
prend
a pris autrefois
le plus d’interêt. ll est impossible de vous eclaircir tout le sanglant de ma situation, Vous

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en
allez juger
devinerez quelquechose
par la contradiction de toutes mes actions, quoique mes sentimens tant pervers que Vous me
engagez
supposiez
ne peuvent jamais
etre reduits a
se contredire. Convenez qu’il n’y a rien de si cruel, que d’agir contre son coeur; cependant j’y suis contraint par les actions des personnes même qui se disoient autre fois mes amis et qui sous ce pretexte se croyoient tout permis contre moi. Trahissez moi si
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Vous y trouvez de quoi satisfaire a Votre amour pour la vertu et a Votre haine pour le vice, que je Vous annonce
en ma personne
, procurez Vous ce plaisir des grandes ames de pouvoir contribuer au triomphe de l’une sur l’autre surtout dans des occasions aussi eclatantes ou le zèle d’avoir secouru l’un, et detruit l’autre Vous servira de trophée chez tout le public et peut etre chez la posterité même. Je Vous en fournis des armes
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je Vous ouvre mon coeur. Je me declare coupable de tous ces petits tours, de toutes ces ruses dont Vous me fites le dernier soir d’aussi vives reproches, je vous declarerai même que
je ne
rien moins que de
changer
si pas
de conduite
je la soutiendrai avec de la fermeté
tant que les raisons qui m’y forcent ne
voudront pas
ont pas
cesser. Vous deviez donc prendre garde a me fournir d’occasions de faire du mal sous les dehors de l’innocence et de la probité. Pourquoi, je Vous en supplie, me produire a la cour? Pourquoi m’ouvrir des vues aussi pleines de charmes lorsque j’etois resigné pour la campagne. Pourquoi en donner ombrage a des personnes qui jusqu’ici ont taché de m’
en
eloigner, afin d’etre a l’abri de mes petits tours
et de mes ruses
? Qui pour les prevenir, ou pour me corriger peut etre ont tout mis en usage du mepris, des petits tours
de leur façon
souvent plus fins
ou du moins plus cachés
encore, de la raillerie bien amiable
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et mieux encore placée et qui pour parler net, ont
de très grand coeur
abusé de ma complaisance
de’l d ’angleleur
de
les
egayer
dans
leur langueurs. J’ai
fait
joué au Colin Maillard avec eux et
de trop grande amitie pour moi,
a chase
ils ont oubliée que je m’etois bandé les yeux moi même et tachent quoiqu’envain de me les fassciner encore. Il est bien naturel que rien peut flatter leur orgueil d‘avantage lequel je me
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suis proposé de ne plus menager. Il est aisé a prevoir que ce changement de conduite ne leur conviendra guere, après leur avoir donné tant d’avantage par celle que j’affectois en arrivant. Cependant je ne peux rien moins que la continuer telle
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quoique leur amitié m’en veuille persuader et quelqu’honneur que j’y mette de plaire a une Cour qui fixe a present les yeux de toute l’Allemagne et même de nos voisins, j’ai assez d’ambition de n’en vouloir plus faire le plaisant. Voila les sentiments avec lesquelles je ne peux m’empecher d‘y commencer ma nouvelle carriere.
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Provenienz
Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Lenziana 5, Nr. 28. Wohl Entwurf.
Übersetzung
Sie sprechen davon, mich meiner Einsamkeit zu entreißen – und geben mir dafür ebenso beredte Gründe an. Haben Sie, Madame! als Sie diese Zeilen schrieben, auch bedacht, welchen Eindruck sie auf mich machen würden? Auf mich, der keine andere Erleichterung von den Übeln, die mich niederdrücken, kennt, als diese vor dem Universum zu verstecken. Warum mich ans Licht zwingen, um dort eine abscheuliche Rolle zu spielen, selbst Menschen gegenüber, an denen mein Herz früher größten Anteil nahm. Es ist unmöglich, Ihnen die ganze Tragik meiner Lage zu erläutern, Sie werden etwas davon aus der Widersprüchlichkeit all meiner Handlungen erraten, obgleich meine verderbten – Sie mögen mich für ebenso verderbt halten – Empfindungen sich niemals darauf reduzieren lassen, dass sie sich widersprechen. Geben Sie zu, dass es nichts Grausameres gibt, als gegen sein Herz zu handeln; ich bin aber durch die Taten eben der Personen dazu gezwungen, die sich früher meine Freunde nannten und die unter diesem Vorwand meinen, sich alles gegen mich erlauben zu können.
Verraten Sie mich, falls Sie darin etwas finden, das Ihre Liebe zur Wahrheit und Ihren Hass auf das Laster befriedigt, den ich Ihnen persönlich verkünde verschaffen Sie sich dieses Vergnügen der großen Seelen, dazu beizutragen, dass die eine über den anderen triumphiert, vor allem bei so glänzenden Gelegenheiten, bei denen der Eifer, die eine gerettet und den anderen zerstört zu haben, Ihnen als Trophäe beim ganzen Publikum und vielleicht sogar der Nachwelt dienen wird. Ich liefere Ihnen die Waffen dazu, ich öffne Ihnen mein Herz. Ich erkläre mich für schuldig an all den Streichen, wegen derer Sie mir am letzten Abend so heftige Vorwürfe machten, ich werde Ihnen sogar nichts weniger als einen Wandel meines Verhaltens erklären, ich werde es standhaft beibehalten, solange die Gründe, die mich dazu zwingen, nicht verschwinden wollen. Sie sollten sich also hüten, mir eine Gelegenheit zu liefern, unter dem äußeren Schein von Unschuld und Redlichkeit Unheil anzurichten. Ich flehe Sie an, warum soll ich mich am Hof produzieren? Warum mir so reizvolle Anblicke eröffnen, wenn ich dazu entschlossen war, auf dem Land zu bleiben. Warum Anstoß bei Personen erregen, die mich bis jetzt vom Hofe fernhalten wollten, um vor meinen kleinen Tricks und Streichen sicher zu sein? Die, um meinen Streichen zuvorzukommen oder vielleicht um mich zu bessern, all ihre Geringschätzung aufgeboten haben, kleine Tricks ihrer Art, oft noch feiner oder wenigstens besser versteckt, freundlicher und besser angebrachter Spott, und die meine gefällige Aufheiterung ihrer Mattheit offen gesagt von Herzen ausgenutzt haben. Ich habe mit ihnen Blindekuh gespielt und aus zu großer Freundschaft zu mir haben sie vergessen, dass ich mir die Augen selbst verbunden habe und versuchen, wenn auch vergeblich, sie mir noch zu fesseln. Es ist nur natürlich, dass nichts ihrem Stolz, auf den ich keine Rücksicht mehr nehmen werde, mehr schmeicheln kann. Es ist leicht vorauszusehen, dass dieser Verhaltenswandel ihnen kaum zusagen wird, nachdem ihnen mein bei der Ankunft vorgetäuschtes Verhalten so viel Vorteil verschafft hat. Ich kann dieses Verhalten jedoch keinesfalls fortsetzen, obwohl ihre Freundschaft mich davon überzeugen will und welche Ehre ich auch darin setze, einem Hof zu gefallen, der gerade die Blicke ganz Deutschlands und sogar unserer Nachbarn auf sich zieht, ich habe Ehrgeiz genug, nicht mehr den Spaßvogel zu geben. Mit diesen Gefühlen kann ich mich nicht zurückhalten, dort eine neue Laufbahn zu beginnen.