Kochberg, Mitte September 1776
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Johann Wolfgang Goethe (Weimar)
LKB
3
4
Ich bin zu glücklich Lieber als daß ich Deine Ordres Dir von mir nichts wissen zu lassen nicht brechen sollte; wollte Gott ich hätte Deine Art zu sehen und zu fühlen und Du zu Zeiten etwas von der meinigen, wir würden uns glaub ich beyde besser dabey befinden.
Ich schreibe Dir dies vor Schlafengehen, weil ich in der That bey Tage keinen Augenblick so recht dazu finden kann. Dir alle die Feerey zu beschreiben in der ich itzt existire, müßte ich mehr Poet seyn als ich bin. Doch was soll ich Dir schreiben daß Du falls Schwedenborg kein Betrüger ist alles nicht schon vollkommen mußt geahndet gesehen und gehört haben. Wenigstens haben wirs an all den Gebräuchen und Zauberformeln nicht fehlen lassen mit denen man abwesende Geister in seinen Zirkel zu bannen pflegt; wenn Du nicht gehört hast, ists Deine Schuld.
Mit dem Englischen gehts vortreflich. Die Frau von Stein findt meine Methode besser als die Deinige. Ich lasse sie nichts aufschreiben als die kleinen Bindewörter die oft wiederkommen; die andern soll sie
a force de lire
unvermerkt gewohnen, wie man seine Muttersprache lernt. Auch bin ich unerbittlich ihr kein Wort wiederzusagen was den Tag schon vorgekommen und was mich freut ist, daß sie es entweder ganz gewiß
Lieber Bruder Du hast entweder selbst meine Brieftasche oder Philipp hat sie gefunden; schicke mir sie doch. Wenigstens Dein Gedicht, das ich hineingelegt hatte – alles, denn ich weiß selbst nicht mehr was drin ist. Schick doch auch sonst was mit für Frau v. Stein, etwa d. Jungs Autobiographie von der ich ihr erzehlt habe. Ich komm in der That hieher wie ein Bettelmönch, bringe nichts mit als meine hohe Person mit einer großen Empfänglichkeit; habe aber doch sobald ich allein bin grosse Unbehäglichkeiten über den Spruch daß Geben seeliger sey als Nehmen.
3
Dein Bote gieng obschon er alle Kräfte anwandte die ihm Weib und Kinder übrig gelassen mit der Geschwindigkeit eines Mauleseltreibers; ich wäre eben so geschwind und ungefähr in eben der Gemüthsfassung mit blossen Knieen auf Erbsen nach K– gerutscht; Und doch war eben der Merkurius den andern Morgen als ich ihn wollte ruffen lassen, Dir Frau v. Stein Brief und Zeichnungen zuzuschicken, (obschon ichs ihm Abends vorher hatte notifiziren lassen) über alle Berge. Wofür Du ihn sermoniren kannst, damit ers ein andernmal in ähnlichen Fällen nicht wieder so macht.
i beg thee to see frequently the spouse of the lady. I have a pressentiment thou willst thank me of having given thee a counsel needful.
a
At least
it
 
is only given
thou kno
imagine all
suffers constantly
She must hea
much deli
tranquillity of mind


4
Zeichnungen
Provenienz
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 31, Nr. 11; Bl. 2 Ausriß mit Textverlust; zu den Zeichnungen auf S. 4 vgl. Kapitel IV, in: Gregor Babelotzky: „Kann Er auch zeichnen?“ Skizzen aus dem Nachlass. Hannover 2021.