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Ich gehe sobald man mich fort winkt,
in den Tod aber nicht, sobald man mich herausdrücken will. Hätt’ ich nur Goethens Winke eher verstanden.
Sag ihm das.
Wie soll ich Dir danken für Deine Vorsprache beym Herzog. Er wird
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mein Herr immer bleiben, wo ich auch sey, ohne Ordres und Ukasen. Wollte Gott ein Schatten von mir bliebe in seinem Gedächtniß, wie Er und sein ganzes leutseeliges Wesen nimmer aus dem meinigen verschwinden wird. Ich weiß diese Versicherung
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ist ihm lieber als ein Danksagungsschreiben. Wolltest Du ihn mündlich bitten, mir huldreichst zu verzeihen, daß ich seine Bücher solange gehabt und gebraucht und daß ich die Dreistigkeit habe ihn untertänigst nur urp. einen Aufschub von einem Tage zu bitten – ich will gleich eine Supplique beylegen – um in dem einem aus dem Archiv die grossen Züge seines eigenen Karackters in denen seines grossen Ahnherrn Bernhard zu Ende studiren zu können.
Schick doch diesen Brief sogleich ihm hin, ich flehe, der vorige hat
Effeckt gethan,
wofür ich tausendmal danke. Er wird mir diese letzte Gnade nicht abschlagen, wenn ihm Goethe für die Reinheit meiner Absichten Bürge ist. Und der wird es seyn, so sehr ich ihn beleidigt habe. Ich dachte nicht daß es so plötzlich aus seyn sollte und hatte mir meine süssesten Arbeiten aufgespahrt. Diese Gelegenheit ist hernach aufimmer für mich verloren.Nur ein einziger Tag –
Umarme und seegne Deine Gattin; Seyd unbegrenzt glücklich – vergeßt mich. Lebt wohl!
Von dem versiegelten Zettel an Goethen sag niemand. Nochmals – Lebt wohl! Könnt ich an eurem Halse liegen.
Der redliche Kalb! wie treflich u. edel!
Evtl. dazugehöriger Briefumschlag, in dem das erwähnte Pasquill enthalten gewesen sein könnte, GSA 44/69, Bl. 25:
Meinem ehrwürdigsten Freunde
Herder
dieses einzigexistirende Manuskript zu seiner willkührlichen Disposition.
Von einem armen Reisenden der sonst nichts zu geben hat.