Basel, 31. Dezember 1777
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Jakob Sarasin
Jakob Michael Reinhold Lenz (Winterthur)
LKB
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777. 31. Xbr. in Basel


Nun da der ganze stürmische Xbr. zu Ende ist u. ich ein ganzes Jahr Geschäffte ab mir geladen habe, muß ich noch ein paar Worte mit meinem Freundt Lenz reden.
Ich danke Ihnen vor die Fragmente die Sie mir noch immer zur Frauenzimmer Schule lieffern. Vor
mich
will ich sie benuzen, aber vor’s allgemeine da bin ich Ihr gehorsamer Diener.
Ich habe jezt meine sämtliche Projeckte aus Händen gegeben. Sie liegen jezt hinter dehnen Weisen der Erde die sie untersuchen u. berathen sollen ob es rathsam seye etwas gutes zu stifften od. ob man
besser
noch ein halb Jahr Hundert die Menschen auf bisherigen Fuß solle leben lassen
An dehnen neu außgekommenen Streit Schrifften.
Pro et contra
habe ich wed. Freude noch Wohlgefallen.
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Man muß wenig Achtung vors ganze Menschen-Geschlecht haben um dergleichen Zeug aufzuhefften u. wann man noch vollends mit dergleichen Knäbel-Schlägen die
Gerechte Sache
vertheidigen will so möchte man bersten. Die gerechte Sache braucht nie keine Vertheidigung – braucht nur ihren Weg gerade fort zu gehen. Stillschweigen ist da Triumph.
Es freut mich daß Sie vergnügt leben. Fahren Sie im neuen Jahren so fort u: fahren Sie fort mein Freundt zu seyn. Grüssen Sie nun Kaufmann, schreiben Sie mir zuzeiten u. leben Sie wohl!

Jacob Sarasin.


Fast hätte ich in der Eile vergessen daß Sie mein Weibgen grüssen läßt. Sie war einige Tage krank, hat aber keine bößen Folgen.
Pfeffel war vorgestern bey mir. Der liebe Mann war äusserst niedergeschlagen. Es ist ihm der junge Stocken gestorben den Er von Schinznach mitnahm.
Provenienz
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 54.