P. T.
Ihnen unbekandt war ich lange Ihr Freund, durch Ihren Herrn Sohn. Drey Jahre sinds, daß ich diesen kenne, und, ob gleich wir nur selten beysammen seyn konnten; so waren wir doch Freunde. Ich ehrte sein Herz und seine Talente und liebte ihn darum; aber ich übersahe ihm seine Fehler nie, am wenigsten den, daß er sich so weit von Ihnen entfernte. Er fühlte sein Herz noch nicht rein und kindl. genung, meinen Rath zu folgen. Vor einiger Zeit schlug ihn Gott mit einer harten Krankheit. Mit dieser kehrte sein Erinnern an Ihre väterl. Treue und alle kindl. Gefühle zurück. Er war fest entschlossen, zurück zu kehren zu Ihnen, sich in Ihre Arme zu werfen und durch die Tugenden und den Werth seines männlichen Alters, Ihr Greisen-Alter glückl. zu machen. In diesem Vorsatz kam er zu mir. Ich bestärkte ihn darin und seine Abreise war auf gestern festgesetzt. Gott ließ aber ihm und uns allen zum Glück, am vorigen Dienstage seine Krankheit in ein hitziges Fieber ausbrechen, seegnete jedoch dabey unsere geringe Sorgfalt, so, daß er auf dem besten Wege der Beßerung ist. Nun bittet mich sein Herz, voll der wärmsten kindlichsten Liebe, Ihnen das zu schreiben. Er wünscht u. hofft, daß Sie an seinen Leiden herzliches Theil nehmen werden und versichert Sie nicht allein seiner kindlichen Liebe und der wahren Reue über seine Entfernung von Ihnen und seine Fehler, sondern auch von dem festen Entschluß, so bald Gott ihm die Kräfte giebt, wieder in Ihre Arme zu kehren. Ich, der ich nur zu gut fühle, daß, wenn der Mensch auf Erden glückl. seyn soll, es nur durch Liebe von, oder zu, seinen Kindern seyn kann, ich freue mich, Ihnen dieses zu schreiben, und bitte Sie inständig, mir bald einen Brief an Ihren mir immer lieben Sohn zu schicken. Sie können ihn am besten in seinen Leiden, die seine Seele selbst durchdringen, helfen und aufrichten und Gott wird Sie dafür mit dem Trost eines wohldurchlebten Alters und der größten Freude an allen Ihren Kindern segnen. Trauen Sie meiner Versicherung die wahre Hochachtung, mit welcher ich mich nenne
Ew. Hochehrwürden
ergebenster: Schloßer
Markgräflich badischer Hofrath und Oberamtmann der Markgraffschaft Hochberg.
ergebenster: Schloßer
Markgräflich badischer Hofrath und Oberamtmann der Markgraffschaft Hochberg.
Emmendingen in Breisgau bey Freyburg d. 9 Märtz 1778.
Vater! ich habe gesündigt im Himmel und vor Dir und bin fort nicht werth, daß ich Dein Kind heiße.
Jacob. Lenz.
Sie sehen die Schwermuth Ihres Sohnes. Ich bitte Sie, trösten Sie ihn bald. Wie ich höre, ist ein andrer Sohn von Ihnen in Leipzig, ich wollte, der käme und holte ihn ab. Wo nicht, so werde ich die Anstalt so machen, daß er sicher nach Leipzig kommt, so bald er gesund ist. Hoffen Sie das beste und seyn Sie Vater. Er ist äußerst bekümmert und braucht Aufrichtung. Gott wird alles seegnen. Schreiben Sie nur bald.
Schloßer.