Moskau, September 1787
Der Brieftext wurde sekundär überliefert.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Johann Friedrich Hartknoch (Riga)
LKB
In grosser Zerstreuung
d Septbr. 1787.


Wehrtester Freund!


Es haben mich einige Mitglieder der hiesigen freyen Typografischen Gesellschaft bevollmächtigt, mit Ihnen über Theilnahme an derselben Briefe zu wechseln. Wahr ist es, daß wir hier deutsche Druckereyen haben, allein die Lektüre ist noch nicht so sehr ausgebreitet daß z. B. ein neuer Buchladen zu errichten wäre. Wer weiß, was geschieht, wenn die Sache in die Wege zu richten wäre, daß Kaufleute die nach Derpt zum Jahrmarkt reisen, dem Herrn Reimmann nachahmten und ihre Zeit so nähmen, daß sie von Riga nach Moskau und von hier nach Derpt giengen. Vielleicht wäre möglich zu machen daß der Jahrmarkt im Troitzkischen Kloster (denn in Moskau ist keiner) der am 15ten August anfängt, entweder verlegt, oder mit einem neuen vermehrt wird, der etwa sich an den im nahgelegenen Dorf Pawlow vom 26sten Oktober anschliessen könnte, wovon in der neuherausgekommenen Beschreibung des Moskowschen Gouvernements, die hier zu 1 1/2 Rbl. verkauft wird, nachgelesen werden kann. Man ist hier eben bemüht, eine Lesegesellschaft einzurichten, der alsdenn ein Buchhändler der neue Sachen aus Deutschland mitbrächte, willkommen seyn würde. Soweit darf ich in dieser Sache schreiben, da Herr von
Kutusoff,
dessen Silhouette ich nebst der vom Fürsten
Trubetzkai
und seiner Gemahlinn dem R. Allerley beilege, gegenwärtig nicht in Moskau ist, auch Herr
Nowikoff
sich auf dem Lande befindet. Nicht diese wirklich grosse und ädle Russen allein, sondern mehrere, unter denen sich Se. Excell. der Curator der hiesigen Universität selbst befindet, haben mich aufgemuntert, das Auserlesenste der neueren Russischen Litteratur unter dem Tittel Russisches Allerley auch den Ausländern mitzutheilen. Als der Graf Anhalt hier durchging, mußte demselben versprechen, einige Gesänge der Russiade oder Gedichts von Rußland in der Uebersetzung mitzutheilen, welches Gedicht ich dereinst besonders abzudrucken und als denn dem Grafen der als Original nicht so leicht weglieset, zuzueignen gedenke. – Sollten sich in Liefland und vielleicht in Kurland oder auch Preussen Subscribenten nicht Pränumeranten zu dem Allerley finden so würde mich es freuen , wenn Sie für Verlagskosten schadlosgehalten würden; sonst wird auch Rüdiger, der erst ganz kürzlich Blostschejewefs Beschreibung des Russischen Reichs von mir in der Uebersetzung drucken lassen den Verlag gern übernehrpen. Nach bester Empfehlung an die Frau Gemalinn Dero
aufrichtigergebenster
JMRLenz.
Provenienz
Euphorion 14 (1907), S. 614f.