Göttingen, Anfang November 1776
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Johann Gottfried Röderer
Jakob Michael Reinhold Lenz (Weimar)
LKB
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Mein allerbester alter Freund. Tausendmal dank ich dir für deinen Brief, oder will dir vielmehr danken, dann wie neu geschenket bist Du meiner alten Liebe und da magst du besser ahnden was mein Dank sey als Dirs meine Feder sagt.
Meine Studien gehn hier besser als je in St. und ich finde hier mehr als ich vermuthete. Es sind Professoren hier die ich herzlich lieben muß, auch außer Ihnen ist der Kopf nicht allein der sich hier weyden kann
Von altem schweige, liebstes großes Herz! um was ich dich bitte ist Glaube an meine starke unvermögende Liebe.
Wenn ich weiter nicht gehen kann, so komm ich doch nach Weimar, sollt ich auch zu Fuß gehen und mit Brod und Wasser mich nähren. Ich muß Luthers Bruder predigen hören, und die Männer sehen die mein Herz ehret, und dich umarmen zum lezten mal und dann will ich gern nach St. zurück und an den Pflug.
Lang kann ich ohn das zu W. nicht weilen.
Soll ich dir sagen daß ich den Pack von Pirk nicht bekommen konnte, ob ich gleich viermal zu ihm gieng, ohn’ ihn anzutreffen, und allemal zur Zeit wo man mich kommen hieß. Ich will aber nach Straßb. schreiben daß du sie bekommen sollst, nur sag mir: was eigentlich? Deine Briefe hab ich alle zu Hauß in einen meiner
Sécrétair
Schränke gelegt und die Thüre davor versiegelt. Ich werd sie dir aber alle schicken wenn ich wieder zu Hauß bin.
Das Gräfliche Hauß von Stollberg unterhält hier eine Anzahl Pursche die Freitisch haben und der König auch. Könntest du wohl durch deine Vermittelung bey Erstern oder etwa bey Hr. Leibarzt Zimmermann
mir
zu einem Platz verhelfen? ich würde dadurch in Stand gesezt meinen mir sehr nützlichen Aufenthalt hier zu verlängern.
Deinen Petrarch hab ich hier du sollst ihn haben so bald du willst. Ich verbleibe ewig dein Treuer zärtlicher
Röderer

P. S. Kaufmann ist alles Lobs werth und mein inniggeliebter! Willstu Maler Müllers Schattenriß, ich hab herrliche Tage mit Ihm zu M. gehabt. O der Antiquiensaal!!
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am linken Rand, vertikal
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Zu Frankfurt hab ich die Ehre gehabt die Frau Rath Goethe
aufzuwarten!
zu bewundern.
Wagner ist verheyrathet.



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Herrn
Herrn
Lenz
abzugeben bey
Herrn
Geheimen Legations-Rath Goethe
zu
Weimar
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am linken Rand, vertikal
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Provenienz
Riga, Latvijas Akadēmiskā Bibliotekā, Ms. 1113, F. 25, V. 32, Nr. 49.