Emmendingen, 24. Juni 1777
Der Brieftext wurde anhand des Originals kritisch geprüft.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Johann Caspar Lavater (Zürich)
LKB
2
3
d. 24sten Juni


Ich bin hier angekommen bester! Du kannst Dir vorstellen mit welchem Herzen, als ich überall mir entgegen schallen hörte, sie ist todt. Schlosser hat sich beruhigt, wie denn aller Verlust am Ende getragen werden muß – allein ich glaube nicht daß er ihn ausheilt. Mir füllt diese Lücke nichts – ein edles Wesen von der Art auf der Welt weniger kann sie einen schon verleiden machen.
Hier hast Du einige meiner häuslichen Freuden, Balsamtropfen die
Kaufmann
in meine Wunde goß. Er ist mir und meinen Eltern ein Engel gewesen, ich kann Euch nicht alles sagen, worinn. Sein Brief wird Dich lachen machen, schick mir ihn bald wieder und den von meinem Vater, der aufs Haar damit übereinstimmt. Verlier sie ja nicht, Du verlörst mir Unendlichkeiten.
2
Vielleicht sehen wir uns wieder, ein Freyherr v. Hohenthal hat mir eine zweyte Reise durch die Schweitz angetragen, ich bin noch unschlüssig ob ich Schlossern verlassen
darf.
Indessen hab die Gutheit, den Thormann v. Christophle in Meyringen (von dem Dir Kaiser den Brief an mich wird gewiesen haben) von Peters Schicksal berichten zu lassen, etwa eine Abschrift vom Testament, damit die Gemeinde seinesfalls beruhigt werde.
Tausend Grüsse dem liebenden Pfenninger und allen Edlen zu Zürich. Kaisern innigen Dank für seine Aufmerksamkeit. Die Post geht zu schnell als daß ich antworten könnte.
Dein

Lenz.


3
P. Füeßli wird meine Frechheit entschuldigen, ich schick ihm sein köstliches Darlehn Sonntag mit der fahrenden
Schlosser grüßt, wird nächstens schreiben, itzt ists ihm unmöglich
Kaufmann schreibt Schi. daß er glücklich bey dem Vater seines Russen angekommen und von da nach Petersburg gehen werde.
Womit dank ich Dir Lieber und all den Deinen, für alle genossene Freundlichkeit Sollte Deine Gattin wieder da seyn, so sag ihr mehr als ich sagen kann für die Duldung die sie mit meiner unbehelfsamen Existenz gehabt. Ich muß leider noch schweigen
Provenienz
Zürich, Zentralbibliothek, RP 20, Nr. 1.